Meinung

Blutbad in Donezk: Warum es keinen ukrainischen Donbass mehr geben wird

Es ist nicht der erste ukrainische Beschuss der Stadt Donezk, der am Sonntag 28 Zivilisten aus dem Leben riss. Typisch sind auch die freudvollen Reaktionen in ukrainischen Medien und sozialen Netzwerken. Kann es nach all dem vorsätzlich zugefügten Leid und all dem Zynismus auf ukrainischer Seite künftig noch einen ukrainischen Donbass geben?
Blutbad in Donezk: Warum es keinen ukrainischen Donbass mehr geben wirdQuelle: Sputnik © Wiktorija Welenskaja, RIA Nowosti

Von Alexej Danckwardt 

Am dunkelsten ist die Nacht kurz vor dem Morgengrauen, am bittersten sind die Verluste kurz vor dem Sieg. 

Es war nichts anderes als ein Racheakt der ukrainischen Nationalisten für ihre aktuellen Niederlagen an der Front, was sie gestern im leidgeprüften Donezk anrichteten. Nicht, dass die tausend bisherigen Luft- und Raketenangriffe auf die Stadt irgendeinen militärischen Sinn hatten, sie waren immer nichts anderes als ein gegen Zivilisten gerichteter Terror, "Bestrafung" des stolzen Donbass für seine Entscheidung, nicht mehr Teil der durchgeknallten, nationalistischen und allem, was dem Donbass lieb und teuer ist, feindlich gesinnten Maidan-Ukraine sein zu wollen. Es war von Anfang an ein Krieg gegen Frauen, Kinder und Alte, den die ukrainische Armee da seit März 2014 führte und bis heute führt.

Der Luftangriff am Sonntag hatte nicht einmal terroristischen Sinn, denn aus Angst und Schrecken wird sich in Donezk nach fast zehn Jahren Krieg niemand mehr dem Willen der Terroristen fügen. Es war einzig ein ohnmächtiges Wüten der ukrainischen Nationalisten in der Vorahnung ihres unvermeidlichen Endes, als diese durchgeknallte, nationalistische und allem, was uns allen lieb und teuer ist, feindlich gesinnte Maidan-Ukraine ihre Artilleriegeschosse mit Streumunition auf einen um diese Zeit mit Menschen überfüllten Markt in Donezk richtete. 28 Tote, Dutzende Verletzte, allesamt Zivilisten, sind die blutige Folge. Alte Frauen, die Gemüse und geröstete Sonnenblumenkerne zum Kauf anboten, Familien, die einkaufen gingen, Frauen und Männer, Mütter und Väter. Auch Kinder sind unter den Getöteten und Verletzten. 

Die Maidan-Ukraine hatte ihre Schlinge des Terrors seit 2014 fest um Donezk gelegt und sich in den Jahren der Minsker Abkommen tief in den Donezker Boden eingegraben. Das macht es der russischen Armee unvorstellbar schwer, sie aus den unmittelbaren Vororten der Millionenstadt zu vertreiben. Aus Stellungen, die die Ukrainer zum täglichen Bomben- und Raketenterror genutzt haben, bald zehn blutige Jahre lang. 

Doch nun hat die russische Armee den ersten Ring der ukrainischen Befestigungen geknackt und rückt, einer Dampfwalze gleich, langsam, aber unaufhaltsam vor. Marjinka ist befreit, Awdejewka wird folgen. Sobald die ukrainische Artillerie aus diesen Ortschaften und ihrer Umgebung in sichere Entfernung zurückgeworfen ist, wird es leichter werden für Donezk, etwas sicherer. Nein, ganz aufhören wird der Terror dann noch nicht, die ukrainischen Terroristen werden die vom Westen gelieferten Raketen und Flugkörper größerer Reichweite auf Donezk richten, doch zum Glück haben sie davon weniger als Artilleriegeschosse und taktische Raketen kurzer Reichweite. Ganz aufhören wird das Leiden von Donezk, von Lugansk, in den russischen Grenzgebieten erst dann, wenn es diese Ukraine nicht mehr gibt, jedenfalls nicht in ihrer Maidan-Konfiguration.

Heute trauert Donezk. Und mit Donezk trauert ganz Russland – aufrichtig und geschlossen. Das ist die Gewähr dafür, dass der Donbass nie mehr zur Ukraine zurückkehren muss. Er hat in Russland seine alte neue Heimat, und das würde sich nur über die Leichen aller 80 Prozent der Russen ändern lassen, denen das Schicksal ihrer Brüder und Schwestern in Donezk, Lugansk, Berdjansk, Brjansk und Belgorod nicht gleichgültig ist – aller, die heute an der Trauer der Hauptstadt des Donbass Anteil nehmen. 

Die Ukraine hatte ihre Chance – und sie hat sie nicht genutzt. Man weiß auch in Deutschland, dass Wladimir Selenskij nur dank einer TV-Serie zum Präsidenten gewählt wurde. "Diener des Volkes" hieß sie, und Selenskij bot darin einen "einfachen" Lehrer dar, der unverhofft zum Präsidenten gewählt wurde.

Wissen Sie, womit die Serie endete?

In dem Finale der letzten Staffel ereignet sich ein Unglück in einem westukrainischen Bergwerk, und nur Technik aus dem Donbass kann die eingeschlossenen Bergleute befreien. Fiktive Machthaber in Donezk verbieten den fiktiven Donbass-Bergmännern, Hilfe zu leisten. Die Bergleute reisen mit ihrer lebensrettenden Technik dennoch zum Ort des Unglücks. Fiktive örtliche Nationalisten wollen die Donezker Helfer wieder vertreiben, es kommen einfache Westukrainer und vertreiben die Nationalisten. Die Eingeschlossenen werden gerettet, alle umarmen sich, Tränen fließen, die Ukraine ist wieder vereint. 

Im realen Leben hatte Selenskij die Chance, dieses filmische Szenario zu wiederholen, es wenigstens zu versuchen. Kurze Zeit nach seinem Amtsantritt im Sommer 2019 ereignete sich ein Bergwerksunglück im Donbass, Bergleute starben und deren Familien trauerten. Es war, als würde Gott persönlich der Ukraine die Chance geben, das Finale von Selenskijs TV-Serie im wirklichen Leben nachzuspielen, als wiese er ihr den Weg zu Frieden und Einheit. Was machte Selenskij? Nichts. Er hielt nicht einmal eine Ansprache an seine Landsleute in Donezk und Lugansk, schickte kein Telegramm mit einer Trauerbekundung, postete nichts auf Facebook und Twitter, vergoss keine Schauspielerträne. 

In jenen Tagen wurde endgültig klar, dass diese Ukraine keine Chance mehr hat, den Donbass für sich zu gewinnen. Für sie existieren die Landsleute in Donezk und Lugansk einfach nicht mehr, verdienen weder Wert noch Würde.

Und am Sonntag? Da beklagte Selenskij jüngste Opfer in der Ukraine, erwähnte aber die 28 durch den eigenen, ukrainischen Angriff Getöteten mit keinem Wort des Bedauerns, vergoss wieder keine Schauspielerträne. Stattdessen gab es in ukrainischen Medien und sozialen Netzwerken helle Freude über "28 eliminierte Terroristen": Frauen, Kinder, Alte. 

Am gestrigen Sonntag hat die Ukraine den allerletzten blutigen Punkt hinter den allerletzten blutigen Satz der Geschichte des ukrainischen Donbass gesetzt.

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